Flüchtlingsschiffe

© Florian Krauss
Arie und ich im Heim © Florian Krauss

1924 kehre Natan Perlmann aus Königsberg Deutschland den Rücken. Mit seiner Frau und seiner einjährigen Tochter Elisheva wanderte der deutsche Jude nach Palästina aus. Deutschland, so befand er seit seinem Ausscheiden aus der Armee, sei zu antisemitisch. Er kaufte sich mit dem Geld seines Vaters eine Orangenplantage bei Petach Tikva, wo Elisheva aufwuchs.

Ebenfalls 1924 ist Arie Erez als Louis Holzmann im zweiten Bezirk Wiens geboren, dem Bezirk, in dem „die meisten Juden der Stadt lebten“, wie er sagt. Dem heute 91jährigen ist sein Alter kaum anzusehen. Seine stattliche Größe präsentiert er in aufrechtem Gang. Arie ist ein Kavalier der alten Schule, geistig frisch und stets wohlgelaunt.

Seiner Kindheit wurde ein Ende bereitet, als Österreich 1938 heim ins Reich kam. 1939 verließ Arie Wien, um mit einem illegalen Transport über die Donau ans Schwarze Meer und von dort nach Palästina zu gelangen.

Parallel zur judenfeindlichen Politik verstärkte Deutschland im Herbst 1939 den Druck auf die jüdischen und zionistischen Organisationen, die „Auswanderung“ zu forcieren.

Als Vater Holzmann davon hörte, dass ein Transport nach Palästina geplant sei, dem eine Gruppe der Jugendaliya angeschlossen werden sollte, bemühte er sich um die Aufnahme Aries in eine der zionistischen Jugendbewegungen. Arie hatte bereits einen Vorbereitungskurs für die Auswanderung nach Palästina im Palais Nathaniel Rothschild absolviert. Sein Vater schickte ihn zunächst zur orthodox-zionistischen Bewegung Misrahi. Dort wurde Arie gefragt, ob die Familie am Shabat das Licht anschalte. Arie entgegnete, dass sie in der Familie selbstverständlich das Licht anschalten würden, denn wer würde denn freiwillig im Dunkeln sitzen. Misrahi verwies ihn an die sozialistisch-zionistische Bewegung HaShomer HaTzair, die ihn ohne viele Fragen aufnahm. Um einen Platz beim Transport zu erhalten musste seine Familie dazu eine hohe Geldsumme aufbringen. Seine Mutter gab alle ihre Ersparnisse her und Arie wurde Teil einer 120köpfigen Gruppe der Jugendaliya, die dem Transport angeschlossen wurde.

Am Tag der Abreise, erinnert sich Arie ganz genau, hätte sich die Gruppe der Jugendaliya in der Marc Aurel Straße getroffen und sei von dort mit Autobussen zum Bahnhof gefahren. Arie verabschiedete sich von seinen Eltern und seiner Schwester. Die Eltern sah er nie wieder. Ihnen sei am Tag der Abreise verboten worden, sich mit dem hebräischen Abschiedsgruß “Lehitraot” zu verabschieden, da dies zu sehr nach “Hitler ist tot” geklungen habe. Vom Bahnhof sei es mit dem Zug nach Bratislava gegangen, wo sie eine Nacht in einer jüdischen Schule verbracht hätten. Am nächsten Tag bestieg Arie in Bratislava die Uranus – ein mit Hakenkreuzfahnen geschmücktes Boot der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft.

Die Flüchtlinge hatten keine Einreisezertifikate für Palästina.
Die Briten hatten die Immigration nach Palästina durch das sogenannte Weißbuch im Mai 1939 auf ein Minimum reduziert. Zudem galten mit Kriegsbeginn jüdische Flüchtlinge aus den feindlichen Gebieten als „feindliche Ausländer“.

Die Briten übten auf die Balkanländer entlang der Donau Druck aus, Flüchtlingsschiffe an der Durchfahrt zu hindern. Der Transport, der später als Kladovo-Transport in die Geschichte eingehen sollte, war also ein illegaler und fuhr in dem Bewusstsein los, dass es äußerst riskant, vielleicht sogar unmöglich sein werde, nach Palästina zu gelangen. Für die Organisation des Transports zeichnete der „Mossad LeAlija Bet“ verantwortlich, eine in Palästina gegründete Organisation, die seit 1938 mit der illegalen Einreise „Aliya Beth“ beauftragt war.

Mit dem Transport sollten in erster Linie die Mitglieder der sogenannten HeChaluz gerettet werden, einer zionistischen Pionierorganisation. Angekündigte Deportationen durch die SS in der “Ostmark” ließen die Führung des HeChalutz und den „Mossad LeAlija Bet“ zur Flucht über die Donau drängen, ohne dass ein Hochseedampfer in der Donaumündung bereitstand.
Die Jugendaliya, eine jüdische Organisation, die möglichst viele Kinder und jugendliche vor den Nazis nach Palästina retten wollte, schloss erstmals eine Gruppe einem illegalen Transport an.

Der Transport zählte bei Abfahrt mehr als 1000 Flüchtlinge.
Die Reise auf der Donau Richtung Palästina drohte schon an der jugoslawischen Grenze zu Ende zu sein. Da die Umschiffung an der Donaumündung nicht gewährleistet war, weigerte sich die DDSG die Fahrt fortzusetzen. Nach gespanntem Warten wurden die Flüchtlinge dann auf drei von der jugoslawischen Schifffahrtsgesellschaft gecharterte Ausflugsboote verteilt. Die Jugendlichen, unter ihnen die Gruppe der Jugendaliya kam auf die „Car Dušan“. Die Flüchtlinge gelangten an die rumänische Grenze, wo erneut kein Weiterkommen mehr war. Rumänien weigerte sich die Flüchtlinge ins Land zu lassen. Entgegen der Beteuerungen der Flüchtlinge stand kein Schiff in der Donaumündung bereit. Schließlich verhinderte der Winter und Packeisbildung auf der der Donau die Weiterfahrt. Die Flüchtlinge wurden im Hafen der jugoslawischen Grenzstadt Kladovo festgesetzt. Erst nach Wochen, erinnert sich Arie, durften sie das erste Mal von Bord. Die Enge ist Arie noch in besonders traumatischer Erinnerung. Er erzählt, dass sie in Schichten hätten schlafen müssen und trotzdem eng aneinander. Es sei vor allem den Jugendleitern des Shomer HaTzair zu verdanken gewesen, dass sie nicht verrückt wurden. Diese hätten sie mit Geschichten über das jüdische Siedlungswerk in Palästina “bei Laune” gehalten.

Als die Flüchtlinge die Schiffe schließlich räumen mussten, errichtete die Gruppe der Jugendaliya ein Zeltlager neben Maisfeldern am Donauufer. Obwohl niemand verhungerte, litten die Flüchtlinge unter Mangel, Schmutz und Krankheiten. An den allermeisten Tagen wurde Mamaliga gegessen. Die einzigen Freuden, so sagt Arie, seien das Fußball spielen gewesen und ein Fest in der Stadt Kladovo, von dem viele junge Paare in die Maisfelder kamen, um dort zu tun “was junge Paare tun und wir haben zugeschaut”. Erst nach Monaten wurde die Reise fortgesetzt.
In die falsche Richtung.

Im September 1940 wurden die Flüchtlinge auf einem Kohlenschlepper rund 300 Kilometer stromaufwärts geschickt – also zurück in die Richtung, von der sie aufgebrochen waren. Nach Sabac nahe Belgrad, wo die Ungewissheit blieb und mehrere Male fälschlicher Weise die Weiterreise angekündigt und in letzter Sekunde wieder abgesagt wurde. Die Stimmung schwankte zwischen Empörung und Verzweiflung und Apathie. Die Versorgung war indes besser als in Kladovo. Die Juden Belgrads hatten der Transportleitung sogar einige Pakete Wust geschenkt, die diese für eine evtl. spätere Notlage aufbewahrt hatte und die darüber hinweg vergammelt sind. Um keinen Aufruhr zu provozieren, wurde der Shomer HaTzair angewiesen, diese eines Nachts in der Donau zu versenken.

Im März 1941, zwei Wochen vor Einmarsch der Wehrmacht in Jugoslawien, gelangten rund 200 Flüchtlinge an Einreisezertifikate für Palästina. Unter ihnen die 120 Angehörigen der Jugendaliya, die in Gruppen von 30-40 Jugendlichen mit Zügen via Griechenland, Istanbul und Aleppo bis nach Beirut und von dort nach Palästina reisten, wo sie 1941 ankamen. Arie kam mit vielen anderen in den Kibbuz Gan Shmuel.

Die Flüchtlinge des Kladovo Transports, die in Sabac zurückblieben, wurden im April 1941 von den Deutschen eingeholt und in einem Lager interniert.
Alle Männer des Kladovo-Transports wurden Anfang Oktober 1941 zu Opfern einer „Sühneaktion“ – erschossen von der Wehrmacht als Vergeltung für einen tödlichen Angriff jugoslawischer Partisanen auf deutsche Besatzungstruppen.
An den Frauen und Kindern, so erzählt Arie, wurde das Vergasen geprobt.
Ende 1941/Anfang 1942 wurden die Frauen des Kladovo-Transports in das damals gerade gegründete KZ Sajmiste in einem Vorort von Belgrad überstellt. Ab März 1942 holten jeden Tag zwei LKW 50 bis 80 Menschen in Sajmiste ab. Auf der Fahrt durch Belgrad zum Zielort Avale wurden Abgase eingeleitet. In Avale hatte ein Häftlingskommando bereits die Gruben ausgehoben.

In Gan Shmuel wurde Arie geschult und arbeitete im Kibbuz. Zusammen mit seinen Kameraden, mit denen er in den Kibbuz gekommen war, bildete er eine Vorbereitungsgruppe für die Gründung eines neuen Kibbuz. Außerdem wurde er in Gan Shmuel militärisch trainiert. Im Unabhängigkeitskrieg war er dem Ingenieurscorps zugeteilt und wurde im Wadi Ara verwundet. Nach dem Krieg beaufsichtigte er Straßenarbeiten in der Negev Wüste. Dort traf er Elisheva, die Teil eines vierköpfigen Erkundungstrupps war, der von Ben Gurion beauftragt war, einen passenden Platz für die Errichtung des Kibbuz Sde Boker zu finden. Elisheva wohnte in Tel Aviv, seit ihr Vater mit seiner Orangenplantage Pleite ging.
Die beiden heirateten und Arie schloss sein Studium zum Agrarwirt ab. Als Berater für landwirtschaftliche Entwicklung waren er und Elisheva auf der ganzen Welt unterwegs. U.A. zwei Jahre im Iran.

Arie und Elisheva verbringen ihren Lebensabend im Elternheim Pinkhas Rozen in Ramat Gan.

Die Eltern der privaten Betreuerin Ruth wanderten 1933 von Hamburg nach Palästina aus. Ihr Onkel, ihre Tante und ihre Cousine verließen Deutschland im letzten Augenblick und bestiegen Anfang September eines von vier Flüchtlingsbooten, die unter Hakenkreuzfahnen zum rumänischen Hafen Tolca fuhren. Adolf Eichmann, der das Amt für Judenemigration leitete, brauchte die Schiffe, um Tausende von Volksdeutschen aus dem damaligen Bessarabien ins Vaterland zurückzubringen. Am Eisernen Tor passierten die Flüchtenden Kladovo, wo sie von dort festgehaltenen Flüchtlingen gegrüßt wurden. In Tolca hatten sie einen Monat unter erbärmlichen Bedingungen zu warten, bis sie drei Schiffe besteigen konnten, die sie nach Haifa bringen konnten. Eines davon – die „Atlantik“ – war ein hundertjähriges Schiff. Der Onkel von Ruth und seine Familie bestiegen die „Milos“
In Palästina wurde ihnen von den Engländern die Einreise verweigert und sie wurden auf das Gefängnisschiff Patria gezwungen, das sie nach Mauritius deportieren sollte. Die Großeltern von Ruth warteten am Hafen von Haifa vergebens auf ihren Sohn. Die Hagana schmuggelte Sprengstoff an Bord der Patria und verschätzte sich mit der Menge derart, dass 280 Flüchtlinge den Tod fanden. Ruths Onkel gelang es noch seine Frau und seine Tochter durch ein Bullauge zu zwängen. Er selbst ertrank.

Am 12. Dezember 1941 bestieg der 1903 in Kishinew geborene und 2013 im Elternheim verstorbene Israel Frank-Dinari in Constanza das Schiff Struma. Ziel des Flüchtlingsschiffes war Palästina. Im hohen Alter holten Israel Dinari die Erinnerungen an die Struma manches Mal ein. In sich versunken rief er des Öfteren die Familie Frank aus. Auf Jiddisch, Hebräisch, Russisch, Rumänisch und Englisch. Seine Tochter Orna erzählt, dass ihr Vater die Struma immer in sich getragen habe. Er habe ihr von den furchtbaren Zuständen der Enge erzählt und sei Zeit seines Lebens nie darüber hinweggekommen, welch schreckliches Schicksal die Flüchtlinge, die mit ihm an Bord waren, erlitten hätten. Die Struma war kein hochseetaugliches Schiff .Den sorgenvollen Flüchtlingen wurde versichert, außerhalb rumänischer Hoheitsgewässer würde ein Hochseedampfer warten. Das stimmte nicht und kurz nach Abfahrt des hoffnungslos überfüllten Schiffes fielen dessen Motoren aus und das Schiff erreichte nach drei Tagen Istanbul, wo es repariert werden sollte.

Aufgrund der sichtbar unerträglichen Zustände wollten die Türken den Passagieren zunächst erlauben an Land zu gehen. Als aber bekannt wurde, dass diese keine Einreisezertifikate für Palästina hatten, verlangten sie von der britischen Botschaft Visa für die Flüchtlinge auszustellen, was diese den “feindlichen Ausländern” verweigerte. Die Flüchtlinge saßen fest, da sie auch nicht nach Rumänien zurückkehren konnten, da sie das Land illegal verlassen hatten. Die mehr als 750 Flüchtlinge, unter ihnen mehr als 100 Kinder, blieben 71 Tage auf dem Schiff, dessen sanitäre Verhältnisse katastrophal waren. Einzelne Flüchtlinge wurden wahnsinnig. Alle Versuche Visa für die Passagiere der Struma zu erlangen scheiterten. Nur Israel Dinari, der für Socony Vacuum Oil (heute Mobil) arbeitete  und seine Familie gelangten dank der Vermittlung eines türkischen Geschäftsmanns an Einreisezertifikate für Palästina. Nur ihnen und einer Frau, die an Bord eine Fehlgeburt erlitten hatte, wurde erlaubt, von Bord zu gehen. Am 23. Februar wurde das Schiff ins schwarze Meer gezogen, wo es ohne Nahrung an Bord und ohne Motor dahintrieb. Nach nur wenigen Stunden wurde es von einem sowjetischen U-Boot versenkt. Von den mehr als 750 Flüchtlingen überlebte nur Einer.

In Palästina rekrutierte sich Israel Dinari für die britische Armee und wurde Ende 1944 der Jüdischen Brigade zugeteilt. Nach dem Krieg lies er sich von Chaim Laskov für einen einen Rachetrupp rekrutieren, der Judenmörder jagte und außergerichtlich exekutierte. Viele von ihnen wollten sich nach Südamerika absetzen.

Israel Dinari verbrachte seinen Lebensabend im Heim, ein Bild von sich in der Uniform der Brigade stets auf seinem Nachtschrank. Er wurde fast 100 Jahre alt.

Miri Schönberger, geb. Margit Sauer ist in der ungarischen Stadt Paks geboren und aufgewachsen. Mit dem Einmarsch der Deutschen in Ungarn wurde sie mit ihrer Familie und allen Bewohnern der Stadt in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Nur ganz wenige Bewohner der Stadt überlebten. In Auschwitz angekommen wurde ihre blinde Großmutter zu einem Krankenwagen geschickt, der sie vorgeblich zu einer Krankenstation fahren sollte. Ihre Mutter bestand darauf sie zu begleiten. Miri und ihre Zwillingsschwester Sarah und ihr Bruder sahen die Mutter und Großmutter zum letzten Mal. Zuvor hatte ein SS Mann ihre Mutter gefragt, ob Miri und Sarah Zwillinge seien. Da ihre Mutter dies bejahte wurden sie zur Seite gestellt und mussten so bei der Selektion zuschauen, die Mengele durchführte. Auf der einen Seite diejenigen die zur Zwangsarbeit geschickt wurden und auf der anderen Seite die Alten und die Kinder, die ins Gas geschickt wurden, wie sie nur wenig später erfuhren. Miri und Sarah wurden tätowiert und kamen in den Zwillingsblock, wo Mengele seine Zwillingsexperimente durchführte. Sie erfuhren dort was es mit den gewaltigen Verbrennungen auf sich hatte. Drei Mal in der Woche sei sie stundenlang vermessen worden und drei mal in der Woche habe man ihr Blut abgenommen und manchmal Injektionen verpasst. Als besonders hart sind ihr zudem die oft stundenlangen Zählappelle in traumatischer Erinnerung geblieben. Doktor Mengele könne sie ihn nicht nennen, sagt Miri, nur Drecktor Mengele. Sie und ihre Schwestern gehören zur bekannten Gruppe der “Mengele Zwillinge”. Sie hätte nie verstanden, was er gewollt hätte und was ihn angetrieben hätte, sagt sie. Ungefähr 1500 Zwillingspärchen wurden von Mengele für seine tödlichen Experimente eingesetzt. Es wird geschätzt, dass weniger als 200 Einzelpersonen überlebten. Wenn ein Zwilling starb, wurde der andere mit einer Injektion ins Herz getötet, um eine vergleichende Autopsie vorzunehmen. 1945 wurden sie in erbärmlichem körperlichen Zustand von den Russen befreit. Es sei ein Samstag gewesen, erinnert sich Miri noch ganz genau und eine alte Frau, die kaum gehen konnte, hätte angefangen um die russischen Soldaten zu tanzen. Doch ihre Befreier brachten ihnen zunächst keine Freiheit, sondern drangsalierten sie ihrerseits weiter. Die Russen behandelten sie wie Kriegsgefangene und trieben sie erst nach Kattowitz, dann nach Czernowitz und von da nach Slutsk. Erst ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkrieges gelangten Miri und ihre Schwester Sarah zurück nach Ungarn. In Budapest fanden sie heraus, dass auch ihr Bruder Jehuda den Holocaust überlebt hatte. Ihre Heimatstadt fanden sie ausgestorben und in ihrem Haus wohnten Ungarn, was sie zu Obdachlosen machte.

Miri
Miri

Am 5. November 1946 bestiegen sie im jugoslawischen Bakar das Flüchtlingsschiff “Knesset Israel”.
Es war eines der größten Schiffe die der “Mossad LeAlija Beth” einsetzen konnte. Flott gemacht wurde es von einem team um den Palyam Kommandanten Benyamin Yerushalmi, dem die Jugoslawen 300 deutsche Kriegsgefangene zur Unterstützung abstellten. Der Palyam war die Marine des Palmach, der paramilitärischen Elitetruppen des Yishuv. Seine Angehoerigen sollten vor der Küste Palästinas mit einem kleineren Begleitschiff zurückkehren, um bei der Landung nicht in die Hände der Briten zu fallen. Die “Knesset Israel” fuhr mit 3445 Passagieren los und noch 400 auf dem Begleitschiff, die an Stelle der Palyamniks an Bord gehen sollten. Doch das Begleitschiff lief in einem Sturm auf, was die Passagierzahl auf der Knesset Israel” auf 3845 erhoehte. 11 Babys wurden auf der Überfahrt geboren.
Am 24. November wurde das Schiff von einem britischen Zerstörer abgefangen und nach Zypern gezwungen. Das Schiff widersetzte sich und wurde von nun drei Zerstörern nach Haifa geleitet, wo die Flüchtlinge auf Deportationsschiffe gebracht wurden. Zwei Flüchtlinge verloren beim Widerstand ihr Leben. Als Tränengas in die Räume der Babys drang orderte der Kommandant des Schiffes den Widerstand einzustellen.
In Zypern erinnert sich Miri seien sie nahe am Wasser festgehalten worden, was ihr stets Angst gemacht hätte.

1947 kamen sie frei und wanderten nach Eretz Israel ein. Dort kamen die Waisen in die Obhut der Jugendaliya, lernten Hebräisch und holten einen Teil ihrer Schulbildung nach.

Der Bruder von Miri fiel im israelischen Befreiungskrieg.

Text: Oliver Vrankovic