Lorena

Lorena Khateeb ist 21 Jahre alt, israelische Drusin und Studentin der Politikwissenschaft, Soziologie und Anthropologie an der Universität Haifa. Sie engagiert sich für die israelische Hasbara und für eine Änderung des Nationalstaatsgesetz.


gekürzte Version des Artikels „Israels Drusen fühlen sich verraten“ (HaGalil 2.8.18.)

Lorena ist in Samia, einem Dorf in Galiläa, geboren und aufgewachsen; einem Dorf, in dem hauptsächlich Drusen leben, aber auch Muslime und Christen. Lorena hat drei Schwestern und einen Bruder, der in der israelischen Armee als Berufssoldat dient. Lorena selbst hat ein Jahr Nationaldienst (vergleichbar mit dem Zivildienst in Deutschland) bei einer drusischen Jugendbewegung gemacht. Ihr Vater wurde vor einigen Monaten pensioniert, nachdem er 37 Jahre lang im Vollzugsdienst gedient und den höchsten Offiziersrang erreicht hatte.

Die Drusen sind eine monotheistische Religionsgemeinschaft, die sich im 11. Jahrhundert vom Islam abgespalten hat. Da sie in Ägypten verfolgt wurden, siedelten sich die Drusen im Südlibanon an, von wo viele weiter in die Chouf – Berge gezogen sind, einen Ausläufer des Libanongebirges. Die Drusen praktizieren eine Geheimreligion, über die kaum etwas bekannt ist. In Palästina verbündeten sich die Drusen noch vor der Gründung des Staates Israel mit den Juden. 1956 wurde dieser Bund in einem Abkommen zwischen Scheich Amin Tarif und der israelischen Regierung besiegelt. In dem Abkommen wurde geregelt, dass sich alle männlichen Drusen mit Ausnahme der Geistlichen für die israelischen Streitkräfte rekrutieren. Auf der anderen Seite erkannte Israel als erstes Land überhaupt den drusischen Glauben als eigenständige Religion an. Die Drusen wurden zum untrennbaren Teil der israelischen Gesellschaft.
Die 137.000 Drusen in Israel konstituieren die loyalste Minderheit im jüdischen Staat. Die Rekrutierung der Drusen für die Armee liegt mit 85% weit über dem Durchschnitt. Überproportional viele Drusen dienen in den Eliteeinheiten der israelischen Streitkräfte.

Lorena engagiert sich seit ihrer Jugend bei UNICEF, der Organisation für Kinderrechte in Israel, und in zahlreichen Projekten wie “Latet“ (Geben), dass sich um sozial Schwache kümmert, oder dem Mentorenprogramm „Perach“ (Blume). Heute arbeitet sie mit Menschen mit Autismus und ist bei der „Hasbera“ aktiv, einem PR-Instrument der israelischen Politik.

Lorena bezeichnet sich als drusisch, arabisch und israelisch, und als traditionsverbundene Frau, die ihre Religion achtet und gleichzeitig ihre Community “in einer respektvollen Art” verändern möchte. Dazu gehört für die junge Drusin das Eintreten für Frauenrechte und im Besonderen für eine angemessene Vertretung von Frauen in Gremien. Lorena ist in einem feministischen Projekt tätig, das die Stimmen der Frauen in der drusischen Gemeinde hörbar macht. Lorena ist sich sicher, dass die Redefreiheit in Israel ihr überhaupt erst ermöglicht, sich wirkungsvoll für Frauenrechte in ihrer Community einzusetzen.

Lorena hat jüdische, christliche, muslimische und beduinische Freunde. Beim Projekt “Netzbotschafter” traf Lorena Khateeb auf den IDF Reservisten und „Stand With Us“ – Aktivisten Muhammad Ka’abiye. Der israelische Beduine brachte Lorena in Kontakt mit den „Reservists on Duty“. Ziel der NGO ist die Bekämpfung neuer Formen von Antisemitismus und BDS an amerikanischen und europäischen Universitäten. Lorena ist Teil von Delegationen nicht-jüdischer Israelis, die über ihr Leben als Angehörige von Minderheiten in Israel erzählen.

Nicht-Jüdisch und Pro-Israelisch zu sein stellt für sie absolut keinen Widerspruch dar. Die israelische Nationalhymne und die israelische Fahne gelten ihr als Symbole der Freiheit, auf die sie stolz ist. “Ich habe eine Nachricht für diejenigen, die glauben, dass Minderheiten in Israel nicht das Recht haben zu tun, was sie möchten. Diese Menschen benutzen uns, um mit falschen Anschuldigungen und verlogenen Geschichten gegen Israel zu hetzen.“ Lorena bedeutet ihr Engagement für die „Reservists on Duty“ sehr viel. Sie ist es leid zu sehen, wie Angehörige israelischer Minderheiten, im Besonderen Frauen, instrumentalisiert werden, um Lügen über den Staat Israel zu verbreiten. Israel, so betont sie, ist eine Demokratie und ein Rechtsstaat, der Gleichbehandlung und Religionsfreiheit garantiert. Von Seiten der israelischen Mehrheitsgesellschaft fühlt sich Lorena voll und ganz respektiert. „Israel ist meine Heimat“, so Lorena, die der Meinung ist, dass sie als Nicht-Jüdin einen großen Beitrag zur Bekämpfung des medial vermittelten Zerrbildes ihrer Heimat liefern kann.

Im Gegensatz zu den israelischen Drusen sehen die Drusen auf den Golanhöhen Israel nicht als ihre Heimat an, behalten zum großen Teil ihre syrische Staatsbürgerschaft und sind vielfach nicht einmal bereit, einen israelischen Personalausweis anzunehmen. Die mehrheitliche Ablehnung der israelischen Souveränität auf dem Golan hat weniger mit Politik zu tun als mehr mit dem Gebot der Loyalität im drusischen Glauben, erklärt Lorena. Außerdem, so erklärt sie, würden viele Drusen auf dem Golan die Aufgabe der syrischen Staatsbürgerschaft als Verrat an ihren Brüdern in Syrien ansehen. Allerdings, so ist ihr wichtig zu betonen, gibt es viele junge Drusen auf den Golanhöhen, die sich um eine Integration in die israelische Gesellschaft bemühen. Insgesamt, so sagt Lorena, beginnen die Drusen auf dem Golan zu erkennen, dass sie kein Land außer Israel haben.

Mit der Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes droht statt der schrittweisen Integration der Drusen auf dem Golan in die israelische Gesellschaft die Desintegration der nahezu bedingungslos loyalen israelischen Drusen. Lorena gehört als weibliche Repräsentantin einem von hundert drusischen Reservisten gegründeten Forum an, das zum Protest gegen das Nationalstaatsgesetz gegründet wurde. Lorena erklärt, dass sie für gleiche Rechte für alle Bürger ist. Das Nationalstaatsgesetz, so sagt sie, ignoriert die Existenz von 25% der Israelis und v.a. der Drusen, die so viel für den Staat getan haben. Das Gesetz, so sagt sie, schade den Drusen auf einer symbolischen Ebene und betreffe darüber hinaus ihre Rechte als Minderheit. Vor allem schade die Einteilung der Israelis in Juden und Nicht-Juden dem Gefühl der Zugehörigkeit. Jede drusische Familie, deren Angehörige gedient haben und die Gefallene zu beklagen hat, fühle sich durch das Gesetz, das allein den Juden Selbstbestimmung in Israel zusagt, herabgewürdigt.

Lorena bekräftigt, dass sie kein Interesse daran hat, dass die Drusen sich entsolidarisieren und aus der Armee ausscheiden. Die Drusen werden dem Staat weiter dienen und sich rekrutieren, ist sie sich sicher. Die Bedingung sei aber, als Drusen als untrennbarer Teil der israelischen Gesellschaft angesehen und nicht als „Nichtjuden“ eingestuft zu werden.

Das Problem, so sagt Lorena, ist nicht das, was im Gesetz geschrieben ist, sondern das, was dort nicht steht. Die Verankerung der Gleichheit und die Anerkennung der Drusen und ihres Beitrags für das Land.