Das Haus der Ghettokämpfer

Yizchak Katzenelson war ein hoch angesehener Lehrer in Lodz und einer der größten jüdischen Dichter seiner Zeit. Er schrieb in jiddischer und hebräischer Sprache leichte Verse über Jugend und Lebensfreude, verfasste aber auch Gedichte über die tragischen Aspekte des Lebens. Der 1886 geborene Poet war ein leidenschaftlicher Zionist, der die jüdische Gemeinde in Palästina mehrmals bereiste und im Kibbutz Borochov in Lodz aktiv war, wo junge Juden für die Auswanderung nach Palästina tauglich gemacht wurden.
Nach dem deutschen Überfall auf Polen floh Yizchak Katzenelson mit seiner Familie nach Warschau und hörte auf zu schreiben.

Ende 1939 baute die Pioniersbewegung Dror in in der Dzielna 34 in Warschau ein Kibbutz auf, gründete eine Untergrundpresse, betrieb eine Suppenküche und organisierte verbotene sechswöchige Seminare. Katzenelson war vom Geist des Widerstands der jungen Zionisten inspiriert und begann wieder zu schreiben. Er schrieb Tag und Nacht, veröffentlichte in der Untergrundzeitung von Dror, unterrichtete Bibel und etablierte eine Theatergruppe im Ghetto.
Die Zionisten von Dror gründeten ein Gymnasium im Untergrund. Durch geistige Erbauung sollte die Jugend im Ghetto trotz unmenschlicher Bedingungen ihre Würde behalten. Die Kurse fanden in den Privaträumen von Schülern und Lehrern statt. In „Tage der Zerstörung und Revolution“ ist beschrieben, wie die hungernden Schüler in einem Zimmereck in klirrender Kälte von hungernden Lehrern mit geschwollenen Füssen unterrichtet wurden. Lernen bedeutete Widerstand und auf dem Lehrplan stand auch die Geschichte der Arbeiterbewegung und die Geschichte der jüdischen Arbeiterbewegung in Erez Israel. Wichtiger als das formale Wissens war die Weitergabe eines Mut machenden Idealismus. Studenten wurden zu Lehrern für die Jugendlichen, die das Gymnasium nicht besuchen konnten und ersetzten die Lehrer, die im Sommer 1942 deportiert wurden. Das spirituelle Haupt des Dror Gymnasiums war Yizhak Katzenelson, der in seinen Bibelstunden die Liebe zum jüdischen Volk und seinem Erbe und die Bedeutung des nationalen Unabhängigkeit lehrte. Die Bibelstunden bei Katzenelson beschreibt Havka Folman In ihrem Buch „ Sie sind noch bei mir“ als „unvergessliche Erfahrung“.

Yizhak Katzenelson führte die Shabat Zeremonien in der Dzielna 34 durch, trug dort Gedichte vor und sang Lieder. Als besonders beeindruckend beschreibt Chavka Folman in ihrer Biografie die Abende, an denen Katzenelson ein neues Gedicht vorstellte.

Als am 22 Juli die Vernichtung der Juden in Warschau begann, blieb Katzenelson dank gefälschter Arbeitspapiere am Leben. Am 14. August aber wurden seine Ehefrau und ihre beiden jüngsten Kinder ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet.
Mitte Januar 1943 tauchte Katzenelson im Dror Stützpunkt in der Zamenhof Straße auf und erlebte dort den ersten gewaltsamen jüdischen Widerstand gegen die Massendeportationen mit.

Anfang April 1943 hatten ihn die Warschauer Ghettokämpfer auf die arische Seite der Stadt geschleust und ihm honduranische Papiere verschafft. Sie wollten unbedingt, dass er am Leben bleibt um den Untergang des jüdischen Volkes zu bezeugen. Katzenelson und sein ältester Sohn wurden von den Deutschen aufgegriffen und ins Internierungslager Vittel deportiert, wo Tauschobjekte gegen deutsche Gefangene gehalten wurden.
In Vittel schrieb Yizchak Katzenelson „Dos lied vunem ojsgehargetn jidischn volk“ („Das Lied vom ermordeten jüdischen Volk“). Das Werk gehört zu den bedeutendsten literarischen Beschreibungen des Holocaust. Der Poet beschreibt in fünfzehn Gesängen das Martyrium und die Trauer und den Protest und die Hilflosigkeit.

Im März 1944 schaffte es Katzenelson das Manuskript unter den Wurzeln eines alten Baumes zu vergraben. Eine Kopie des Gedichtes auf dünnem Papier wurde in den Ledergriff eines Reisekoffers eingenäht, mit dem die junge Jüdin Ruth Adler das Lager verließ. Sie durfte mit ihrem britischen Palästina-Paß im Austausch gegen Templer-Deutsche nach Palästina ausreisen. Miriam Novich gelang es das vergrabenen Gedicht aus dem Lager schmuggeln zu lassen. Yitzhak Katzenelson überlebte den Krieg nicht. Er und sein ältester Sohn wurden nach Auschwitz deportiert und dort am Tag ihrer Ankunft, am 1. Mai 1944, ermordet. Beide Fassungen von „Dos lied vunem ojsgehargetn jidischn volk“ befinden sich im nach ihm benannten Yizchak Katzenelson Holocaust und Jüdischer Widerstand Museum im Kibbutz der Ghettokaempfer (Lochamei Hagettaot).

Eine der Schülerinnen von Katzenelson war Zivia Lubetkin, eine der späteren Anführerinnen des Aufstands im Warschauer Ghetto. Die 1914 geborene Zivia Lubetkin die laut der Historikerin Bella Guttermann von Weggefährten als schüchtern und starrsinnig beschrieben wurde, war 1939 Hachshara Koordinatorin für den Pionier Weltverband HeChalutz in Warschau. Nach der deutschen und sowjetischen Besetzung Polens trat sie den Marsch nach Osten an, bei dem sie zahllose Ortschaften aufsuchte um die versprengten Mitglieder der Bewegung aufzusuchen. Sie half beim illegalen Aufbau der Pioniersbewegung Dror in der sowjetischen Zone und kehrte im Auftrag von Dror im Januar 1940 in das von Deutschen besetzte Warschau zurück. Sie verhandelte mit dem Joint Distribution Committee und dem Judenrat über Zuteilungen für die Dror Kommune in der Dzielna 34und war für die Kommunikation mit der Außenwelt verantwortlich. Innerhalb der Bewegung entwickelte sie sich zunehmend zur Entscheidungsträgerin. Die Historikerin Bella Guttermann strich in einem Vortrag über Lubetkin an der Uni Tel Aviv (im Rahmen der Vorlesungsreihe über Frauen in der Shoa) heraus, dass sie „einfach und direkt war und das Maximum von anderen und von sich selbst forderte. Für sie waren Denken und Handeln eins.“
Im März 1942 erreichten Berichte von der Judenvernichtung in Chelmo das Ghetto. Zivia Lubetkin bezeugte dazu 1961 im Prozess gegen Adolf Eichmann:

Zivia Lubetkin war im Juli 1942 Mitgründerin der Zydowska Organizacja Bojowa (ŻOB), die im Januar 1943 unter der Leitung von Mordechaj Anielewicz den bewaffneten Widerstand gegen die Massendeportationen wagte. Stellvertretender Kommandeur war Zivias späterer Ehemann Yizhak „Antek“ Zuckermann.
Dem Januar Aufstand waren gescheiterte Waffenlieferungen und große Enttäuschungen vorausgegangen. Doch der Verlauf des Januar Aufstandes gab den Widerstandskämpfern Mut. Ihr System der verbundenen Dachböden funktionierte und sie blieben überraschend am Leben. Der inzwischen verstorbene Heimbewohner Ephraim Perlmann erinnerte sich wie die Kämpfer die Dachböden verbunden hatten und ihm sagten, dass niemand mehr deportiert würde. Ab jetzt, so wurde ihm gesagt, würden sie alle im Ghetto sterben.

Am 19. April 1943 brach der legendäre Aufstand im Warschauer Ghetto aus. Das Kommando über die Aufständischen hatte Mordechai Anilevitz. Sein Stellvertreter Antek Zuckermann befand sich als Verbindungsmann zum polnischen Widerstand auf der arischen Seite.

1961 wurde Zivia Lubetkin im Eichmann-Prozess gehört und war die einzige Zeugin, die bei ihrer Aussage sitzen geblieben ist. Über den Ausbruch des Aufstandes sagte sie aus: „Als der Tag anbrach, stand ich im oberen Teil dieses Gebäudes, in der Nalewski Strasse 23, und sah die Tausende von Deutschen, die das Ghetto umzingelten – mit Maschinengewehren, mit Kanonen. Und dann begannen sie das Ghetto zu betreten, mit ihren Waffen, als würden sie zur russischen Front gehen. Und da standen wir ihnen gegenüber – etwa zwanzig junge Männer und Frauen. Was waren die Waffen in unseren Händen? Jeder hatte einen Revolver, jeder hatte eine Handgranate; Die ganze Einheit hatte zwei Gewehre, und außerdem hatten wir selbstgebastelte Bomben, die wir auf primitive Art hergestellt haben, die mit einem Streichholz gezündet werden mussten, und Molotow-Cocktails.
Es war merkwürdig die etwas mehr als 20 jüdischen Jungen und Mädchen zu sehen, die diesem bewaffneten und mächtigen Feind gegenüberstanden und freudig und fröhlich waren. Warum waren sie freudig und fröhlich? Wir wussten, dass unser Ende gekommen war. Wir wussten vorher, dass sie uns besiegen würden, aber wir wussten auch, dass sie einen hohen Preis für unser Leben zahlen würden“ Der Straßenkampf dauerte 5 Tage. In dieser Zeit hatten die Juden in der Nacht die Macht im Ghetto und das Gefühl des Muts sich zu wehren. Mordechai Anilevitz schrieb in seinem letzten Brief vom 23.04.: „Was wir durchgemacht haben, lässt sich unmöglich mit Worten ausdrücken. Wir sind uns darüber klar, dass das Geschehene unsere kühnsten Träume übertrifft. Die Deutschen waren zweimal genötigt, aus dem Ghetto zu flüchten.“
Dann aber begannen die Deutschen das Ghetto abzubrennen. Es gab keine direkten Konfrontationen mehr und die Widerstandskämpfer und verbliebenen Bewohner des Ghettos mussten sich in den stickigen und heißen Bunkern verstecken. Am Tag vor ihrer Entdeckung durch die Deutschen beschloss das ZOB-Kommando im Bunker in der Mila 18, dass sich Lubetkin aufmachen solle, um eine Verbindung durch die Abwasserkanäle zur arischen Seite zu finden. Als sie zurückkehrte waren Anilewitz und seine Kameraden tot. Am 10. Mai 1943 führte Zivia Lubetkin die letzten Kämpfer durch die Kanalisation. Die Flucht dauerte 48 Stunden.
Im August 1944 nahmen die wenigen Überlebenden des Aufstandes im Warschauer Ghetto am Warschauer Aufstand der Polen gegen die deutsche Besatzung teil.

Ab Oktober 1945 engagierten sich Antek Zukermann und Zivia Lubetkin im Dror-Zentrum in Lodz für die Bricha. Sie machten Überlebende ausfindig, sammelten Zeugnisse und halfen bei der illegalen Ausschleussung. Zivia Lubetkin sagte dazu: „Wir sahen Zehntausende von Juden vor uns und wussten, dass die einzige Lösung für sie darin bestand, sie sofort nach Erez Israel zu bringen“. Um ihren eigenen Auswanderungswunsch umzusetzen, verließ sie Polen im Mai 1946. Antek folgte 1947.

Im Juni 1946 hielt die Widerstandskämpferin eine Rede auf der Konferenz der Vereinten Kibbuz-Bewegung in Yagur. Einen ganzen Tag lang stand sie in einem riesigen Zelt und berichtete von „den Tagen der Zerstörung und der Revolte“ (wie sie später ihr Buch zu diesem Thema nannte). Unter den Zuhörern waren Yitzhak Sadeh und viele Palmach Kämpfer. Manche hörten zum ersten Mal vom jüdischen Widerstand gegen die Nazis, der für die Kibbutzbewegung zum wichtigen Anknüpfungspunkt für den Kampf um den Staat Israel wurde. Zivia sagte einleitend zu ihren Ausführungen, dass sie während der Zeit, als sie von Zerstörung und Tod umgeben waren, nur wegen dem Gedanken an die ferne Heimat und die Arbeiterbewegung in Erez Israel am Leben blieben.

Auf Lubetkins Initiative bildete sich in Yagur eine Kerngruppe aus überlebenden Widerstandskämpfern und Partisanen für die Gründung des Kibbutz Lohamei HaGettaot. Am sechsten Jahrestag des Warschauer Ghetto-Aufstandes erfolgte der Spatenstich fuer die Kollektivsiedlung und das daran angeschlossene Haus der Ghettokämpfer (Beit Lochamei HaGettaot), welches das erste Museum überhaupt war, das den Opfern des Holocaust und des jüdischen Widerstandes gedachte. Lochamei HaGettaot steht für das Anliegen von Überlebenden ihr Leben im Land ihrer Träume zu leben – dem Staat Israel. Antek Zuckerman sagte bei der ersten Zusammenkunft zum Gedenken an den Holocaust und die Helden (deren jährliche Fortsetzung zum Gedenktag an die Shoa und das Heldentum wurde) „Wir sind hierher gekommen, um mit Leben gefüllte Häuser zu bauen.“
Sara Shner, Mitbegründerin des Kibbutz erklärt in einer im Museum ausgestellten Videoinstallation das Gedenken an die Toten als Pflicht der Überlebenden.

Die jüngst erneuerte Dauerausstellung im Yizchak Katzenelson Holocaust und Jüdischer Widerstand Museum führt Warschau als beispielhaft für den Holocaust an. Am Mikrokosmos Warschau wird das vielseitige jüdischen Leben aufgezeigt, das dem zunehmenden Terror des Nazi Regimes ausgezetzt war. Die Ausstellung thematisiert die repressiven Verordnungen, das Leben im Ghetto, die Deportationen und die Vernichtung. Besondere Betonung liegt auf den Bildungsaktivitäten der zionistischen Jugendbewegungen im Untergrund. Im Beit Lochamei HaGettaot finden sich original Gegenstände sowie sehr viele moderne Audio- und Videoinstallationen. In vier Büchern sind die Zeugenberichte von 96 Gründern des Kibbutz aufgezeichnet. Die Berichte sind digitalisiert und, thematisch geordnet, zugänglich gemacht.
Zu den Ausstellungsstücken gehören der Koffer, in dem Ruth Adler das Gedicht von Katzenelson aus Vittel herausgeschmuggelt hat, die Miriam Novich Sammlung mit künstlerischen Zeugnissen des jüdischen Lebens, die Miriam Novich in den zwei Jahren nach ihrer Befreiung aus Vittel überall in der Welt gesammelt hat, die Glaszelle in der Eichmann bei seinem Prozess saß und neben noch sehr vielen weiteren Gegenständen und Artefakten ein großes Modell des Vernichtungslagers Treblinka, dass von Yaakov Wiernik angefertigt wurde.
Der 1889 geborene Yaakov Wiernik war in Treblinka beim Sonderkommando und dann als Schreiner für den Bau von Wachtürmen und Gaskammern eingesetzt. Ihm gelang bei der Revolte in Treblinka die Flucht. Im Mai 1944 wurden seine Erinnerungen, die aufzuschreiben er gedrängt wurde, von einem Verlag im Warschauer Untergrund auf Polnisch veröffentlicht. Es war der erste verfasste Zeugenbericht über den Massenmord in den Gaskammern. Im November 1944 erschien der Zeugenbericht in der jiddischen Forwerts in NY. Wiernik litt sein Leben lang daran an Treblinka mitgebaut zu haben. Für das Haus der Ghettokämpfer hat Yaakov Wiernik das Vernichtungslager in dem fast eine Million Menschen ermordet wurden aus seiner Erinnerung als Modell in wochenlanger Arbeit nachgebaut.

1995 wurde in Lochamei HaGettaot das Kinder-Gedenkmuseum Yad HaYeled gegründet um junge Besucher mit dem Schicksal der Kinder während des Holocaust altersgerecht vertraut zu machen
Yad Layeled ist das erste und einzige Museum seiner Art weltweit und macht Kinder von heute mit der Welt der Kinder während des Holocaust bekannt. Die Ausstellung basieren auf authentischen Geschichten aus Tagebüchern und Zeugnissen von Kindern, die während des Holocaust lebten. Eine größerer Raum durch den der schmale Gang führt ist Janusz Korczak gewidmet. Zur Geschichte dieses einzigartigen Museums erzählt Raya Kalisman, dass im Warschauer Ghetto ein Junge zu Antek Zuckermann kam und ihn bat ihm einen Violinlehrer zu finden. Zuckermann traf den Lehrer Jahre später wieder und lies sich erklären, dass der Junge jeden Tag geübt habe und außerordentlich begabt gewesen sei und dass er deportiert und ermordet wurde. Die Frage, was aus dem Jungen hätte werden können und was aus so vielen anderen hätte werden können beschäftigte Antek und er forderte die Errichtung einer Gedenkstätte für Kinder.
Raya Kalismann erklärt dass zum ambitionierten Anspruch der Vermittlung des Holocaust für Fünftklässler ein Kreativraum für künstlerische Aktivitäten gehört, in dem die Kinder nach dem Besuch von Yad HaYeled ihre Eindrücke verarbeiten können um gestärkt aus der Ausstellung zu kommen.
Raya Kalismann ist Gründerin des Zentrums für humanistische Bildung in Lochamei HaGettaot, dessen Ziel es ist, durch Dialog und gemeinsames Lernen ein Verständnis der im Museum dargestellten Ereignisse zu vermitteln.
Raya Kalismann erklärt, dass es den Gründern von Lochamei HaGettaot darum ging über das Gedenken hinaus einen Ort zu schaffen die Gesellschaft mitgeprägt wird. Zur pädagogischen Ausrichtung des Museums sagt sie, dass die Essenz der Lehren aus dem Holocaust sei, die menschliche Würde, und den Wert des menschlichen Lebens und der Freiheit zu kultivieren.
Die Demokratieerziehung und der universelle Ansatz der Erinnerungspädagogik in Lochamei HaGettaot ist eng mit Chavka Folman verknüpft.
Chavka Folman war 15 Jahre alt, als die Deutschen 1939 Warschau eroberten.
Im Juni-Juli 1940 nahm sie am ersten illegalen Seminar von Dror teil. Während der Besatzung lebte sie in der Dror Kommune in der Dzielna Straße 34 wo sie Yitzhak „Antek“ Zuckerman und Zivia Lubetkin kennenlernte, die sie während des Krieges und danach stark beeinflussen würden. In einem Interview mit der polnischen Zeitung „Wysokie Obcasy“ sagte Chavka Folman 2000, dass sie im Ghetto alles getan haben was verboten war – weil es verboten war. Dazu gehörten Studien und Gebete und Zusammenkünfte. Der bewaffnete Kampf so erklärte sie der Zeitung baute auf dem vorangegangenen Ungehorsam auf.
Mit ihrem jugendlichen Mut und ihrer polnischen Erscheinung wurde Chavka mit siebzehn Jahren unter der polnischen Identität „Emma Marczynjak“ Verbindungsbotin für die ZOB. Im Frühjahr 1942 wurde sie in die Nähe von Treblinka geschickt, um die Gerüchte der Massenvernichtung zu bestätigen. Später würde sie erfahren, dass ihr Vater dort ermordet wurde.
Am 22. Dezember 1942 wurde Chavka in Krakau verhaftet und nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie überlebte das Lager und den Todesmarsch und die Nazis und kam
1947 nach Palästina. 1987 trat Chavka der pädagogischen Abteilung des Haus des Ghettokämpfers bei, wo sie bis Besucher traf und ihnen ihre Geschichte erzählte und ihre Weltsicht vermittelte.
Havka Folman begleitete viele Gruppen junger Israelis auf Holocaust Studienreise nach Polen Bei ihrem letzten Besuch in Auschwitz entdeckte sie zufällig ein Erkennungsfoto von dessen Existenz sie nicht wusste.
Am 70. Jahrestag des Aufstandes gedachte Chava Folman in einer viel beachteten Rede ihrer Kameraden, die von den Dächern kämpften und gab ihrem Schmerz Ausdruck, dass die Meisten von ihnen umgekommen sind.
Anschließend daran rief dann die Jugend auf, die Rebellion fortzusetzen. „Eine andere Rebellion des Hier und Jetzt gegen das Böse, sogar das Böse, das unser eigenes und einzig geliebtes Land trifft.“ und meinte damit die Rebellion gegen Rassismus und Gewalt und Hass gegen Andersdenkende. Gegen Ungleichheit, wirtschaftliche Lücken, Armut, Gier und Korruption.

Der Direktor des Humanistischen Zentrums Yariv Lapid Yariv Lapid sieht es als Aufgabe der Erinnerungspädagogik an, den Holocaust zu deuten und seine Bedeutung in einen Kontext zu stellen, der für die heutige Jugend relevant ist. Der Holocaust hat viele Aspekte, betont Yariv Lapid, und macht klar, dass von den Aspekten zum Vergleich nur herangezogen werden darf, was vergleichbar ist. Unzulässige Vergleiche, wie die Behauptung, die Israelis würden die Palästinenser behandeln wie die Nazis die Juden müssen dagegen klar zurückzuweisen werden.
Im Museum wird das humanistische Anliegen in der Betonung der Aktivitäten während des Holocaust deutlich, die darauf gerichtet waren jüdische und menschliche Werte zu erhalten.
Im Museum wird vermittelt dass Menschen auch noch dann Entscheidungen getroffen haben als ihnen die Umstände vermeintlich keine Wahl mehr gelassen haben. Die Entscheidungen der Menschen in der Vergangenheit zu begreifen, kann jungen Menschen heute an die Hand geben das Richtige zu tun, erklärt Raya Kalismann.
Das für die moralische Schulung sinnbildliche Ausstellungsstück im Haus des Ghettokämpfers ist eine Brotwaage oder vielmehr eine Brotkrümel Waage. Sie wurde im Frauenlager von Auschwitz gefunden. Mit der Waage wurde das Nichts von Brot, das die Gefangenen bekamen in gleiche Teile geteilt. Der Mensch, so Raya Kalismann, hat überall die Möglichkeit sich menschlich oder unmenschlich zu verhalten. Während der eine eine Gaskammer zur Massenvernichtung konzipiert, baut der Andere eine Waage um Brotkrümel unter Verhungernden gerecht zu teilen.