Niemals vergessen – Nie wieder!

Die Nacht stieg herab, Dunkelheit ringsum
Doch was ist das plötzlich? Woher das Licht?
Der Teufel herrschte hier über alles
Das Licht der Finsternis erleuchtet die Nacht
Weil das Licht das hier leuchtet
vom Kamin der Verbrennung kommt

 

Miri


Miri Schönberger, geb. Margit Sauer, die dieses Gedicht geschrieben hat, wurde in der ungarischen Stadt Paks geboren und ist dort aufgewachsen. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Ungarn wurde sie mit ihrer Familie und allen Bewohnern der Stadt in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Dort angekommen wurde ihre blinde Großmutter zu einem Krankenwagen geschickt, der sie vorgeblich zu einer Krankenstation fahren sollte. Ihre Mutter bestand darauf sie zu begleiten. Miri und ihre Zwillingsschwester Sarah und ihr Bruder sahen die Mutter und Großmutter zum letzten Mal. Zuvor hatte ein SS Mann ihre Mutter gefragt, ob Miri und Sarah Zwillinge seien. Da ihre Mutter dies bejahte wurden sie zur Seite gestellt und mussten so bei der Selektion zuschauen. Auf der einen Seite diejenigen die zur Zwangsarbeit geschickt wurden und auf der anderen Seite die Alten und die Kinder, die ins Gas geschickt wurden, wie sie nur wenig später erfuhren. Miri und Sarah wurden tätowiert und kamen in den Zwillingsblock, wo Mengele seine Zwillingsexperimente durchführte.

In den letzten Monaten ihres Lebens hat Miri sehr viel von Auschwitz geredet. Sie hatte Angst, dass die Welt den Holocaust irgendwann nicht mehr glauben würde.

Wie Miri war und ist es vielen der letzten Zeugen der Judenverfolgung und -vernichtung in Europa wichtig, ihre Geschichte weiterzugeben, um sie der Holocaustrelativierung und -leugnung entgegenzustellen. Hitler und die Nazis waren kein „Vogelschiss“ in 1000 Jahren deutscher Geschichte und wir sind ihnen schuldig derlei Relativierungen auf das Schärfste zu verurteilen.

Zur absoluten Notwendigkeit des Erinnerns um der Holocaustrelativierung entgegenzutreten muss sich die Pflicht zur bedingungslosen Solidarität mit dem jüdischen Staat Israel und seinen Streitkräften gesellen. Die Geschichten der Überlebenden zeigen diese Notwendigkeit auf.

Yehuda Maimon aus Krakau gehörte der ersten Widerstandsgruppe im besetzten Polen an, die mit Waffengewalt die deutschen Besatzer angegriffen hat. Über seine Motivation sagt er: „Unser Ziel war nicht, die Deutschen zu besiegen. Es ging darum zu zeigen, dass wir unsere Ehre bewahren. Sie mögen uns umbringen. Aber mit der Waffe in der Hand […]. Ich wusste, dass dies das Ende ist. Aber in einer kämpfenden Gruppe zu sein, hat mir ein gutes Gefühl gegeben. Wenigstens wusste ich, dass ich nicht einfach so sterbe.“ Yehuda fiel den Nazis in die Hände und überlebte 22 Monate in Auschwitz.

Yehuda Maimon (copyright Florian Krauss)

Über Auschwitz sagt er: “Es ist unmöglich zu vergessen, was ich durchgemacht habe. Auschwitz kann ich nicht vergessen. Wer in Auschwitz war, träumt jede Nacht davon. Mit Leuten, die mit dir dort waren, redest du ständig darüber. Du kannst trinken, tanzen, feiern. Am Ende redest du über Auschwitz. Für Leute wie mich ist der Krieg nicht zu Ende.”
Im Juni 1946 hielt die Widerstandskämpferin Zivia Lubetkin, mit der Yehuda befreundet war, eine Rede auf der Konferenz der Vereinten Kibbuz-Bewegung in Yagur. Einen ganzen Tag lang stand sie in einem riesigen Zelt und berichtete von „den Tagen der Zerstörung und der Revolte“ (wie sie später ihr Buch zu diesem Thema nannte). Zivia sagte einleitend zu ihren Ausführungen, dass sie während der Zeit, als sie von Zerstörung und Tod umgeben waren, nur wegen dem Gedanken an die ferne Heimat und die Arbeiterbewegung in Erez Israel am Leben blieben.

Pessach Anderman aus Buczacz schreibt in seinem Buch „Der Wille zu leben“, dass der Daseinskampf auf Leben und Tod für ihn notgedrungen zur „selbstverständlichen alltäglichen Gewohnheit” wurde.
Als seine Enkelkinder erwachsen wurden, fühlte er sich verpflichtet seine Geschichte zu erzählen um künftigen Generationen von Israelis zu verstehen zu geben, woher sie gekommen seien und sie für den weiteren Aufbau ihrer Nation zu stärken.
Und um künftigen Generationen von Nicht-Israelis die Begründung für den jüdischen Staat darzulegen.

Pessach gehörte zu den letzten verbliebenen Bewohnern des Ghettos Buczacz, die ins Ghetto Tluste transferiert wurden.  Als die SS für eine Aktion im Ghetto Tluste anrückte, flüchteten Pessach und gelangte auf einen Heuboden, von dem aus er beobachten konnte, wie rund 40 Juden, die aus dem Ghetto geflohen waren, von ukrainischen Hilfstrupps der SS zusammengetrieben wurden. Um Munition zu sparen wurden sie mit Mistgabeln ermordet. Die Bilder, so sagt Pessach, verfolgten ihn immer noch. Er harrte zwei Tage auf dem Heuboden aus.

Ich war ein Junge von zwölf Jahren und die Flucht war die einzige Waffe, die mir zur Verfügung stand.“ schrieb er 2013 für einen Newsletter der Internationalen Schule für Holocaust Studien.

Nach Kriegsende floh er nach Palästina und kam in die Landwirtschaftsschule Mikve Israel. Es war ein seelischer, körperlicher und emotionaler Neuanfang für Pessach, der Jahre hatte wie ein getriebenes Tier leben müssen und darüber seine Jugend verloren hatte. Nach zweieinhalb Jahren beendete Pessach die Ausbildung in Mikve Israel und schloss sich mit seinen Kameraden dem Kibbuz Messuot Jitzhak im Siedlungsblock Gush Ezion an um „in Erez Israel den Boden zu bestellen, die Wüste zu bezwingen, dieses Stück Bergland bei Jerusalem zu besiedeln und dort tiefe Wurzeln zu schlagen.”

Pessach © Florian Krauss

Am 11. Mai 1948 begann die arabische Legion mit 45 Panzerwagen den Siedlungsblock anzugreifen, um auf Jerusalem vorzurücken. Zehntausende Araber aus den Dörfern schlossen sich der Offensive an. Die Gefechte am Felsenhügel, der Verteidigungslinie vor dem Siedlungsblock, dauerten zwei Tage an. Der damals amtierende Verteidigungsminister Ehud Barak schrieb Pessach im Februar 2008: “Der Felsenhügel, auf dem das erbitterte Gefecht stattfand ist heute eine Gedenkstätte, besucht von israelischen Kindern uns Soldaten, die wie ich hoffe, die Geschichte ihres Heldentums von dort weitertragen werden.”

Pessach schrieb in seinem Buch:”Ich hatte so viele Verfolgungen und Gefahren durchgemacht und immer wieder um mein Leben gekämpft, aber dem Kampf um Gush Ezion maß ich besondere Bedeutung bei. Hier hatte ich die Gewissheit für ein heiliges Ziel zu kämpfen und nicht nur um das eigene Überleben”

Nach Verkündung der israelischen Unabhängigkeit am 14. Mai 1948 griffen fünf arabische Armeen an, um den jüdischen Staat zu vernichten.
Auf israelischer Seite gab es zu Kriegsbeginn trotz numerischer Unterlegenheit weniger Gewehre als Verteidiger und kein schweres Kriegsgerät.
Der Krieg endete mit den Waffenstillstandslinie von 1949, die als „Grenzen von 67“ bekannt sind, und in Israel auch „Auschwitz-Grenzen“ genannt werden.

1967 als die Zeichen erneut auf arabische Invasion standen, erklärte der erste Vorsitzende der PLO, Ahmed Shukeiri, dass alle Israelis, die den Krieg überleben würden, bleiben dürften und fügte aber hinzu, dass er nicht davon ausgehe, dass es viele Überlebende geben würde. Unter den Israelis herrschte Sorge und Angst. Ihnen war klar, dass die Araber einen erneuten Versuch unternehmen würden, den jüdischen Staat zu vernichten. Sie boten doppelt so viele Truppen wie die Israelis auf, dreimal so viele Panzer und mehr als dreimal so viele Kampfflugzeuge.

Der damalige Kommandanten der Fallschirmjäger Uzi Narkiss legt in einer Dokumentation dar, dass die Belagerung von allen Seiten das Gefühl erzeugt hätte, von aller Welt verlassen zu sein und dass sich dieses Gefühl mit der Erfahrung des Holocaust verbunden hätte. Die Folge einer Invasion wäre die Vernichtung gewesen.
Die Israelis aber kamen ihrer Vernichtung zuvor und konnten nicht nur die militärische Auseinandersetzung für sich entscheiden, sondern auch ihr Gebiet vervielfachen.
Der Sechstagekrieg ist eine herausragende militärische Leistung und ein exzellentes Beispiel für die Notwendigkeit einer überlegenen israelischen Streitkraft. Sicherheit für Juden kann nur von einem souveränen jüdischen Staat mit einem überlegenen Militär garantiert werden. Die israelische Staatsräson “Nie Wieder”, die meint nie wieder eliminatorisch gesinnten Antisemiten ausgeliefert zu sein.

Zur nächsten konzentrierten militärischen Anstrengung, Israel zu vernichten kam es schon 1973, als ägyptische Truppen israelische Stellungen auf dem Sinai überrannten. Der Yom-Kippur Krieg ist ein schwarzes Kapitel in der israelischen Landesverteidigung und führt vor Augen, wie real die existenzielle Bedrohung für den jüdischen Staat tatsächlich ist, wenn die israelische Armee die Initiative verliert.

1974 starben bei einem Überfall auf Kiriat Shmona 18 Menschen, darunter 8 Kinder, wenig später wurden bei der Besetzung einer Schule in Maalot 22 SchülerInnen getötet. 1978 beging die PLO Fraktion Fatah das Küstenstraßen-Massaker, bei dem 38 Israelis starben.
Ein Israeli in meinem Alter hat den Libanon Krieg, die erste Intifada, Scud Raketen aus dem Irak, die zweite Intifada 2000, den zweiten Libanonkrieg 2006 und die Auseinandersetzungen mit der Hamas 2008, 2012 und 2014 miterlebt.

Pessach schreibt in seinem Buch: “Noch heute sind wir bedroht und unsere Feinde versuchen uns brutal zu terrorisieren. In aller Welt gibt es Menschen, die meinen, uns bei jeder passenden Gelegenheit kritisieren zu müssen, wobei teilweise auch antisemitische Beweggründe mitspielen. Sie sehen uns gerne schwach und armselig, ohne begriffen zu haben, dass der Israeli nicht mehr der schwächliche Jude ist, den sie aus der Diaspora kennen. Wir sind uns sicher, dass wir ein Anrecht auf unser kleines Land haben, und werden, wenn nötig, darum kämpfen, in unserem eigenen Staat zu leben.”

Während Yehuda im besetzten Polen für die jüdische Ehre gekämpft hat und keine Chance hatte den vernichtungsantisemitischen Feind zu besiegen, hat der jüdische Staat eine Armee, die den Feind schlagen kann.

Jedes Jahr gedenkt Israel der Opfer des Holocaust und der Helden des Widerstands.
Eine Woche später gedenkt Israel den Gefallenen der Kriege und der Opfer des Terrors. Sehr viele Israelis trauern um die Angehörigen, die von den Deutschen ermordet wurden und eine Woche später um die Angehörigen, die der arabischen Aggression gegen den jüdischen Staat zum Opfer gefallen sind. Der Tag der Trauer um die Gefallenen der Kriege und Opfer des Terrors geht direkt in den feierlichen Unabhängigkeitstag über und machen so deutlich, dass der Staat dem Volk nicht “einfach auf einem Silbertablett” serviert wurde, wie Chaim Weizmann einmal aussagte.

Merkels erklärte 2008 vor der Knesset, dass die Sicherheit Israels nicht verhandelbar sei.
Am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust sei an die besondere Verantwortung Deutschlands erinnert, als Nachfolgestaat des Dritten Reichs den Wahn eliminatorisch gesinnter Antisemiten nicht zu unterschätzen. Der Holocaust muss als Mahnung stehen, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Dazu gehört dem Iran den Griff zur Atombombe zu verwehren, mit der die erträumte Vernichtung Israels möglich wäre. Direkt eingesetzt oder als Schutzschild für die Unterstützung eines Abnutzungskrieges gegen den jüdischen Staat.

Deutschland, dessen Existenzrecht nach Auschwitz nur mit der besonderen Verantwortung für den jüdischen Staat gedacht werden kann, darf die Augen nicht davor verschließen, dass die Ideologie, die der Vernichtung von sechs Millionen Juden zu Grunde lag, von iranischen Regime geteilt wird.

Wer es mit dem Imperativ “Nie wieder” ernst meint, muss die Restaurierung der wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran von dessen Haltung zu Israel abhängig machen. Die Kollaboration mit dem Iran zu beenden wäre eine angemessene Form des Gedenkens.