Jonathan

Jonathan Elkhoury ist ein griechisch-orthodoxer Christ und Sprecher des Christlichen Rekrutierungsforums. Geboren und aufgewachsen ist der heute 24jährige in Marjeyoun, einem christlichen Dorf im Süden des Libanon.

Jonathan Elkhoury

Jonathans Vater war Befehlshaber in der Südlibanesischen Armee, einer christlichen Miliz im Libanesischen Bürgerkrieg, deren Hauptfeinde die PLO und die schiitische Amal Miliz waren. Im Zuge der Militäroperation Litani der israelischen Armee gegen die PLO formierte sich 1978 ein Bündnis zwischen Israel und der Südlibanesischen Armee. Nach dem Libanonkrieg 1982 kontrollierte die SLA mit israelischer Unterstützung bis 2000 den Südlibanon. Zu ihrem erbitterten Feind wurde die immer stärker werdende Hisbollah und als Israel 2000 unter Ehud Barak den Abzug aus dem Libanon beschloss, schwor Hassan Nasrallah alle Kollaborateure ausfindig zu machen und zu bestrafen. Trotzdem befahl der israelische Premier Barak einige Wochen später den Abzug ohne sich mit der Südlibanesischen Armee abzusprechen. Deren Angehörige, so erzählt Jonathan, seien völlig überrascht gewesen. Befehlshaber der SLA, die der Hisbollah in die Hände fielen wurden verschleppt oder von Häuserdächern geworfen. Jonathans Vater und viele andere führende Milizionäre flohen nach Israel um ihr Leben zu retten. Jonathans Mutter entschloss sich mit ihren Söhnen im Libanon zu bleiben was sich als verhängnisvoll erweisen sollte. Die Hisbollah übernahm die Kontrolle über ihr Dorf, hielt eine Militärparade ab und begann mit Razzien auf der Suche nach Soldaten der SLA. Jonathan floh mit seiner Mutter und seinem Bruder ein Jahr später über Zypern nach Israel. Die zur Ausreise aus dem Libanon notwendigen Papiere für den vorgeblichen Urlaub in Kalifornien via Zypern besorgte Jonathans Großvater, der als Sorgeberechtigter der Kinder galt. Für die Papiere musste er Jonathans Vater bei den misstrauischen Behörden als Schläger verleumden.

Unter Aiel Sharon, der Ehud Barak 2001 als Premierminister ablöste, erlangten die Angehörigen der Südlibanesischen Armee und ihre Familien die israelische Staatsbürgerschaft. Jonathan verbrachte die ersten Monate in Israel in einem Auffanglager in Naharia, wo er mit anderen Kindern aus Familien der SLA unterrichtet wurde. Dann zog seine Familie nach Haifa und weil sich arabische Schulen weigerten ihn aufzunehmen, ging er auf eine staatliche hebräische Schule. Nachdem er die Schule beendet hatte, leistete Jonathan freiwillig Nationaldienst (Ersatzdienst) im staatlichen Rambam Krankenhaus in Haifa. Danach begann er Politikwissenschaft und Kommunikation zu studieren. Da sich seine Eltern mit der Sprache und der Bürokratie im Land sehr schwer getan hätten, habe er schon in jungen Jahren sehr viel Verantwortung übernehmen müssen, erklärt Jonathan. Nach seiner Identität gefragt antwortet Jonathan: Griechisch-orthodoxer Christ und patriotischer Israeli libanesischer Abstammung und Familienangehöriger der Südlibanesischen Armee.
Wer ihn als Araber bezeichnet, wird von ihm entschieden darauf hingewiesen, dass seine christlichen Wurzeln im Libanon bis weit vor die arabische Eroberung zurückreichen. Er erklaert nicht ohne Stolz, dass Elkhouri Priester bedeute und seine Familie in der 14. Generation von griechisch-orthodoxen Priestern abstamme. Er habe nichts gegen Araber, versichert Jonathan, aber er sei eben keiner. Auf der anderen Seite haben viele israelische Araber ein Problem mit Jonathan, den sie als Familienangehörigen der Südlibanesischen Armee für einen Verräter halten.
Seine Ambition am College zum Vorsitzenden des Studentenausschuss gewählt zu werden scheiterte allein am Widerstand der arabischen Studenten.

Jonathan bezeichnet sich als israelischen Patrioten und wenn man so wolle, dürfe man ihn als Zionisten bezeichnen, sagt er. Israel sei eine Demokratie und ein Rechtsstaat, der alle seine Bürger gleich behandle, erklärt Jonathan und betont darüber hinaus, dass er sich von der israelischen Mehrheitsgesellschaft immer sehr warm aufgenommen fühlte. In Nahariya hätten die jüdischen Bewohner der Stadt den Kindern freiwillig Hebräisch beigebracht und sie auf Ausflüge mitgenommen.

Da er sehr offen mit seiner Geschichte und seiner Einstellung umging wurde Jonathan als Repräsentant der Familienangehörigen der Südlibanesischen Armee zum gefragten Gesprächspartner. Obwohl seine Muttersprache Arabisch ist, weiß Jonathan sich sowohl auf Hebräisch als auch auf Englisch eloquent auszudrücken.

Jonathan betont immer wieder, dass er nicht in politischen Lagern denke. Die Anliegen der Familien der SLA auf Vorträgen und in den Medien zu vertreten stehe über Parteipolitik. Wenn die Sprache indes auf Ehud Barak kommt, der sich z. Zt. Als Regierungskritiker inszeniert um sein politisches Comeback vorzubereiten, ringt Jonathan mit der Fassung.
Jonathan erreichte unlängst große Medienaufmerksamkeit, als er sich mit einem kurzen Video an Ehud Barak wandte, um ihn an sein Versagen zu erinnern den israelischen Rückzug aus dem Südlibanon mit der SLA abzustimmen und an sein Zögern überhaupt die Tore nach Israel zu öffnen. Barak, so Jonathan in seinem Video, dass sich viele Tausend Mal geteilt hat, sei der Letzte, der sich als moralische Instanz aufspielen dürfe.

Wie viele libanesische Israelis in den Libanon zurückkehren würden, wenn sie eine glaubhafte Amnesie bekämen, weiß Jonathan nicht. Jeder habe da seine persönlichen Erwägungen und für ihn selber wäre es wohl kein Thema. Jonathan bezeichnet Israel als seine Heimat. Und weil Israel seine Heimat sei, singe er die Hymne und stehe zur Fahne des jüdischen Staates. Die Fahne mit dem Davidstern stehe für ihn für Demokratie, Liberalität und Rechtsstaatlichkeit. Als Christ fühle er sich in Israel in keiner Weise eingeschränkt, sagt Jonathan. Er führt als Beispiel für die Freiheit der Christen die Kirchenglocken an, die zu jedem Gebet in der Kirche geläutet werden. In Israel, so sagt er, könne er sein Kreuz sorglos offen tragen. Israel, so betont Jonathan, sei das einzige Land im Nahen Osten, dessen christliche Bevölkerung wachse.

Als wir uns im Fattoush Restaurant in Haifa unterhalten, erzählt Jonathan, wie er vor einigen Jahren vom Christlichen Rekrutierungsforum hörte und sich auf den Weg zu Gabriel Naddaf machte. Das Christliche Rekrutierungsforum wurde im Oktober 2012 gegründet, um mit der Lüge der arabisch-christlichen Identität zu brechen. Gabriel Naddaf wurde zum spirituellen Oberhaupt und rief die israelischen Christen im Dezember 2012 in einer weit beachteten Rede dazu auf mit der arabischen Identitätslüge zu brechen, ihr jüdisches Erbe anzunehmen und dem Staat Israel zu dienen.

Er habe sich immer gefragt, warum sich die Christen in Israel als Teil der arabischen Minderheit sehen würden, erklärt Jonathan. Er habe deren Assoziierung mit den Arabern und deren Widerstand gegen Israel nie nachvollziehen können. Es gebe für Christen keinen Grund die palästinensische Sache zu unterstützen, sagt Jonathan. Die ganze Idee mit den Palästinensern, die in den 60er Jahren aufkam, sei eine muslimische Idee gewesen. Um einen Masseneffekt zu erreichen, sei den Christen die palästinensische Identitätskonstruktion mit aufgezwungen worden. 2014 war Jonathan Mitinitiator von Demonstrationen gegen Hamas und IS in Haifa.

Als Christ, der seine Pro-Israelische Einstellung vernehmbar äußere, gehöre er zu einer Avantgarde, sagt Jonathan. Gleichwohl ist er sich sicher, dass seine Ansicht von einer stillen Mehrheit der Christen in Israel geteilt würde. Die blutigen Übergriffen auf Christen im Zuge des arabischen Frühlings hätten viele Christen aufgeweckt, sagt Jonathan. Quer durch den Mittleren Osten würden Christen verfolgt und getötet, erklärt er. Dies habe in den letzten Jahren zu einem massiven Umdenken geführt, sowohl in Bezug auf den verlorenen Kampf der Südlibanesischen Armee für einen christlichen Staat im Nahen Osten auch in Bezug auf Israel als einzigen Ort im Mittleren Osten, wo die Christen sicher seien.

Das Rekrutierungsforum ist viel gefragter Ansprechpartner für Christen, deren Wunsch zu dienen von der Angst überlagert ist. Das Rekrutierungsforum führt Vorbereitungskurse durch und steht den christlichen Soldaten zur Seite, wenn diese in ihren Wohnorten unter Druck gesetzt werden. Körperliche Übergriffe waren in den ersten Jahren nach Gründung des Forums und der damit einhergehenden Vervielfachung der Rekrutierungszahlen ein großes Problem. Wenn ein Soldat attackiert wird steht ihm das Rekrutierungsforum bei der Strafverfolgung zur Seite. Eine der Hauptaktivitäten des Rekrutierungsforums ist neben der Vorbereitung und der Begleitung von Soldaten auch die Unterstützung nach dem Armeedienst.
Politisch hat das Forum erreicht, dass das gesetzliche Verbot einen Rekruten umzustimmen, auf die Minderheiten, die nicht zum Armeedienst verpflichtet sind, ausgedehnt wird. Wenn ein Christ oder muslimischer Araber sich heute einschreibt steht es unter Strafe ihn zu drängen, seine Entscheidung zu revidieren.

In Israel sind nur Juden, Druzen und Tscherkassen zum Armeedienst verpflichtet. Jonathan ist gegen die Wehrpflicht für Christen. Er ist sich sicher, dass sich immer mehr Christen aus Überzeugung rekrutieren werden. In den wenigen Jahren seit Bestehens des Rekrutierungsforums stieg die Anzahl der Christen, die in der Armee dienen von weniger als 50 auf fast 600. Außerdem gelang es die Anzahl der Nationaldienst-Leistenden auf 1/3 der christlichen Schulabgänger zu steigern.
Langfristig geht es Jonathan nicht nur um diejenigen, die heute Angst haben, sich als Christen zu Israel zu bekennen, sondern auch um Aufklärung und ein Umdenken bei denjenigen, die heute Anti-Israelische Standpunkte vertreten.

Die rechts-zionistische NGO Im Tirzu und das Büro des Premierministers waren wichtige Unterstützer des Rekrutierungsforums in den ersten Schwierigen Jahren. Netanyahu sprach 2014 auf dem Weihnachtskongress des Rekrutierungsforums, wo er von den 1000 Anwesenden mit stehenden Ovationen begrüßt wurde. Jonathan betont das Gute Verhältnis, dass er zu Matan Peleg, dem Vorsitzenden von Im Tirzu pflegt.

In Jonathans ID ist Libanesisch als Nationalitätsvermerk eingetragen. Als Israel den Angehörigen der SLA IDs ausstellte, bestanden diese darauf keine Araber zu sein und nicht als Arabisch vermerkt zu werden. Entsprechend setzt sich Jonathan für die israelischen Christen ein, die sich auf das aramäisches Erbe der christlichen Gemeinschaft in Israel besinnen und Araber als Identität zurückweisen.

Reserveoffizier Shadi Halul, Mitbegründer des Rekrutierungsforums erreichte nach siebenjährigem Bemühen 2014 beim israelischen Innenministerium die Anerkennung von Aramäisch als Nationalitätsvermerk in israelischen IDs. Sein Sohn Ya’acov Halul war der erste offiziell anerkannte aramäische Israeli. Den Christen in Israel steht seither offen ihre Identität auch formal von Arabisch zu Aramäisch zu ändern.

Linke NGOs stehen dem Integrationsanliegen der Christen feindselig gegenüber. Ihre anti-zionistische Agenda erlaube keine pro-zionistischen Minderheiten in Israel, erläutert Jonathan. Er sei schon oft mit dem Vorwurf konfrontiert worden, sich für ein “Teile und Herrsche” einspannen zu lassen, erzählt er. Es sei traurig aber wahr, dass die israelische Linke die Nicht-Juden nur als Araber begreifen könnte, die der palästinensischen Sache verbunden seien. Die ausdifferenzierte Vielfalt an Identitäten und Einstellungen passe da nicht ins Konzept, erklärt Jonathan.

Die Integration in die Mehrheitsgesellschaft unter pro-zionistischen Vorzeichen würde außer von den Linken auch von den arabischen Parlamentariern blockiert, ärgert sich Jonathan. So gehoert der christliche Parlamentarier Basel Ghattas zu den wortstärksten Gegnern der Rekrutierung von Christen. Ghattas sieht dahinter das “zionistische Schema” des Spalten und Herrschens und beteuert, dass die Christen ein untrennbarer Teil der arabischen Gemeinschaft seien.
Wie auch Gabriel Naddaf, Sarah Zoabi und Abdol, sagt Jonathan, dass die arabischen Parteien als Vertreter dieser arabischen Gemeinschaft die Interessen ihrer Wähler unzureichend repräsentieren würden. Allerdings sei da vieles im Wandel und die Parteien müssten sich zunehmend der Frage stellen, warum sie sich nicht für eine bessere Infrastruktur in den arabischen Städten und eine Verbesserung des arabischen Bildungssektors einsetzen, statt dem Widerstand der Palästinenser das Wort zu reden. Jüngste Kommunalwahlergebnisse ließen die Hoffnung auf eine neue Generation verantwortungsbewusster arabischer Politiker zu.

Im Besonderen ärgert sich Jonathan über die Christen in den arabischen Parteien.
Und da im Besonderen über Azmi Bishrai, den Gründer von Balad, der 2007 aus Israel floh, nachdem bekannt wurde, dass er für die Hisbollah spioniert hatte, und dessen Cousin Basel Ghattas. Als Christ schäme er sich für Ghattas, sagt Jonathan. Ghattas wurde unlängst dabei erwischt, wie er Walid Dakah und einem weiteren Terroristen Mobiltelefone ins Gefängnis geschmuggelt hat. Walid Dakah war 1984 an der Entführung und Ermordung des 19 jährigen Soldaten Moshe Tamam beteiligt.

Der Mordfall Tamam wurde den Israelis zurück ins Gedächtnis gerufen als das arabische Al-Manar Theater in Haifa ein Stück über den Alltag palästinensischer Gefangener auf die Bühne brachte. Held des Stückes ist Walid Dakah dessen positive Darstellung die Familie von Tamam schockierte und dazu führte, dass rechte Entscheidungsträger in der Politik darauf drängten dem Theater die stattlichen Zuwendungen zu streichen (inzwischen revidiert).
Es gebe ein Recht auf freie Meinungsäußerung in Israel, das nicht angetastet werden dürfe, sagt Jonathan. Gleichzeitig gebe es kein Recht auf staatliche Förderung Anti-Israelischer Propaganda, sagt Jonathan und übernimmt dabei die Argumentationslinie der umstrittenen Kulturministerin Miri Regev. Jonathan ist es ernst mit seiner pro-zionistischen Einstellung.
So ist es auch nicht verwunderlich zu hören, dass er vom Absorptionsministerium in einen Parlamentarischen Ausschuss berufen wurde, der sich mit der Bekämpfung von BDS und Antisemitismus an amerikanischen und europäischen Universitäten beschäftigt. Aus dem Mund eines Christen, so sagt er, würden die Argumente gegen die Delegitimation Israels im Ausland oft mehr Gehör finden als aus dem Mund jüdischer Israelis.

Er habe libanesische, aramäische, jüdische und arabische Freunde sagt Jonathan und unter ihnen solche die sich nicht groß für Poltik interessieren und solche die andere Ansichten als er vertreten. Er argumentiere gerne, gibt Jonathan zu und betont, dass er keine Berührungsängste mit anderen Meinungen habe. Ein Fanatiker sei er auf keinen Fall, lacht er.

Auf die Frage, warum er mit seiner Redegewandtheit nicht in die Politik wechsle antwortet Jonathan, dass er seine Anliegen außerparlamentarisch besser vertreten könne. Es sollte aber niemanden wundern ihn in ein paar Jahren doch als Abgeordneten in der Knesset zu sehen. Vielleicht als Repräsentant einer zionistisch-multikonfessionellen Partei.